GESAMTKUNSTWERK DER FÜNFZIGER JAHRE
Entwurf für Bau und Ausstattung aus einer Hand


Baugeschichte

Das Fakultätsgebäude für Bergbau und Hüttenwesen war der erste repräsentative Neubau der TU nach dem 2.Weltkrieg.
Gleichzeitig ist es ein Hauptwerk des Architekten und Hochschullehrers Willy Kreuer, der als Professor für Entwerfen an der TU eine ganze Architektengeneration prägte. In Berlin entstanden nach seinen Entwürfen u.a. die Amerika-Gedenkbibliothek (1951-1953), das Rathaus in Kreuzberg, sowie die Kirche St. Ansgar im Hansaviertel (1957).


Eines der klar detaillierten, lichten Treppenhäuser im Hochhaustrakt.



Für das unter anderem aus Mitteln des Europäischen Wiederaufbauprogramms und der Montanindustrie finanzierte Gebäude für Bergbau und Hüttenwesen wurde ein prominentes Grundstück an der Einmündung zwischen Hardenbergstraße und Straße des 17. Juni ausgewählt.
Der zukünftige Städtebau des Ernst-Reuter-Platzes war bei Baubeginn noch nicht geklärt, doch die bewilligten Gelder konnten nicht länger herausgezögert werden.
Erst 1955, schon während der Ausführung, wurde das städtebauliche Modell von Bernhard Hermkes verbindliche Grundlage für die weitere Platzgestaltung.
1959 bezog die neu gegründete Fakultät das Gebäude.

Denkmalensemble und Einzeldenkmal

Aufgrund seiner spezifischen architektonischen Qualitäten steht der Kreuer-Bau sowohl als Einzeldenkmal, als auch als Teil des Ensembles Ernst-Reuter-Platz, unter Denkmalschutz.
Das Bergbau und Hüttenwesen- Gebäude ist ein herausragendes und weitgehend original überkommenes Beispiel der Architektur der Fünfziger Jahre.
Mit den Bauten am Ernst-Reuter-Platz, "Rund um den Zoo" und im Hansaviertel gelang West-Berlin der Anschluß an die internationale Architektur der Zeit. Mit Ausnahme des Hansaviertels zeichnete hierfür eine Generation heimischer Berliner Architekten verantwortlich, die das damalige Baugeschehen differenziert und durchaus eigenständig rezipierten.

Kreuer gelang mit dem Neubau für die Bergbau und Hüttenwesen- Fakultät einer der elegantesten Bauten der Berliner Nachkriegsmoderne in modern-rationaler Architektursprache, der in seiner Massenverteilung und Fassadengestaltung überzeugend auf den spezifischen Ort und seine verschiedenen Straßenräume reagiert.

Der souveräne und doch behutsame Übergang zu dem angrenzenden Altbau des Kirchenmusik-Instituts in der Hardenbergstraße gehört zu den besten Leistungen des 'Bauens im Bestand'. Die freundliche Farbgestaltung der transparent-filigranen Stahl-Glas-Fassaden in verschiedenen Blaugrau-Tönen setzt sich, im Sinne eines Gesamtkunstwerks, auch in der anspruchsvollen Gestaltung der Innenräume fort, bis hin zu den vom Architekten selbst entworfenen Möbeln.
Ausschluß der Denkmalpflege

Obwohl oder gerade weil das Gebäude für Bergbau und Hüttenwesen als Einzeldenkmal geschützt ist, fiel die Abbruch-Entscheidung seitens der TU-Bauverwaltung und der Senatsbauverwaltung ohne Beteiligung der zuständigen Denkmalbehörden.

So droht der Abriß des Bergbau und Hüttenwesen- Gebäudes ein Modellfall für den Umgang mit der Nachkriegsmoderne in Berlin zu werden. Wie sollen hiernach einem Investor noch denkmalpflegerische Auflagen glaubhaft vermittelt werden? Selbst die qualitätvollsten Beispiele der Nachkriegsmoderne werden in Berlin zur verfügbaren Masse für Immobilienspekulationen.

Ein Seminarraum des Fachgebiets Mineralogie im Hochhaus mit von Kreuer entworfenem Mobiliar.
Die Tische mit ihrer dunkelblau gefärbten Linoleum-Beschichtung und den hellblau lackierten Stahlrohren setzten das Farbkonzept der Fassade im Inneren fort. Die immer wieder mit erfrischender Lust am Detail gestalteten Raumausstattungen wurden gerade in jüngster Zeit durch die Übergangsnutzung empfindlich dezimiert.
Sämtliche Fachgebiete besaßen ursprünglich eine individuelle Raumaufteilung und Möblierung.


Lesepult eines Seminarraumes (Entwurf Kreuer)

Tisch im Seminarraum der Mineralogie (Entwurf Kreuer)
Das Bergbau und Hüttenwesen- Gebäude in der Hardenbergstraße (Aufnahme 1958).
Der Hörsaaltrakt ist in seiner Kubatur dem Nachbargebäude angeglichen. Die Überleitung zum Kirchenmusik-Institut erfolgt durch einen schmalen Wandstreifen, der durch seine Materialität die Sandstein-Fassade des Altbaus zitiert.



© Dirk Dorsemagen  Thomas Steigenberger

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